Die alte Mär von den 300 dpi im Druck!
Es wird mal wieder allerhöchste Zeit für ein technisches Tutorial.
In unserem vierten Tutorial möchte ich mal mit einem derart versteinerten Gerücht aufräumen, dass nahezu die gesamte Medienwelt daran glaubt.
Das Gerücht: "Druck braucht immer 300 dpi!"
Wie jetzt? Etwa nicht? Die ganze Welt folgt dieser Regel doch!
Nun, diese "Regel" ist eigentlich gar keine. Es ist eine Faustformel, die in der Blütezeit des DTP, des Desktop Publishings, entstanden ist. Und noch nicht einmal diese ist wirklich korrekt, wie ich Ihnen nachfolgend erklären möchte.
Was ist passiert?
Nun, Ende des letzten Jahrtausends, als die Reprographie binnen wirklich kürzester Zeit von Desktop Publishing abgelöst wurde und ein kompletter Dienstleistungssektor ruckzuck verschwand, war das Optimum dessen, was moderne Druckmaschinen abbilden konnten, ein 60'er Raster.
Wieder eine neue Zahl, aber die erkläre ich gleich.
Dieses 60'er Raster war daher zu diesem Zeitpunkt ein Qualitätsmerkmal für hochauflösende Druckproduktion.
Was ist nun ein 60'er Raster?
Nun, in den meisten Druckverfahren werden Bilder zur polygrafischen Reproduzierbarkeit gerastert, um so genannte Halbtöne zu erzeugen. Dies gilt für nahezu alle Farbräume, angefangen bei einfarbigen Druckreproduktionen, über den heute zumeist üblichen Vierfarbdruck, bis hin zu Mehrfarbendruckverfahren wie beispielsweise Hexachrome (also sechsfarbig) oder gar noch größere Farbumfänge wie im Sonderfarbendruck.
Die Notwendigkeit, Bilder zur Erzeugung von Halbtönen rastern zu müssen, ergibt sich aus der Grundlage der verschiedenen Druckverfahren. Fangen wir für eine bessere Verständlichkeit und Visualisierung erst mal mit dem Buchdruck oder auch dem Linoldruck oder dem Kartoffeldruck – also den Hochdruckverfahren – an.
Hier wissen wir, dass die Druckform, also der Druckstempel nur zwei Zustände kennt:
Hoch, also zeichnend und tief, also nicht zeichnend.
Oder um es noch mal bildhafter zu machen:
Man nehme eine Linolplatte, benetzt diese mit Druckfarbe und presst sie auf ein Blatt Papier und stellt fest, dass die komplette Linolplatte ein Abbild auf dem Papierbogen hinterlässt. Dann beginnt man, mit geeigneten Werkzeugen partiell Teile der Linoloberfläche abzutragen, sagen wir einen Kreis einzuritzen, und wiederholt den Prozess. Dort, wo der Kreis herausgetrennt wurde, bleibt nun das Papierweiß sichtbar nach dem Druckprozess und an allen anderen Stellen wird die Druckfarbe wiederum auf das Papier übertragen.
So weit, so gut. Wir haben zumindest die Basis des Hochdruckes verstanden.
Möchte man nun mehr, als nur einen Kreis reproduzieren, so kann man in feinster Handarbeit eine komplette Illustration in das Linol schneiden und dadurch sehr feine Grafiken reproduzieren. Aber auch diese Grafiken bestehen nach wie vor nur aus Volltönen, also entweder zeichnend oder nicht zeichnend, bei schwarzer Druckfarbe halt Schwarz (Farbe) und Weiß (Papier).
Die Erzeugung von Halbtönen, also Grau scheint hierbei eher unmöglich, da man nur Schwarze Farbe in der Maschine hat und diese nicht abgestuft oder aufgehellt übertragen kann. Tatsächlich ist aber genau das die Grundlage aller Rasterverfahren. Auch bei nahezu allen Rasterverfahren wird einzig und alleine mit einem technischen und optischen Trick gearbeitet. Denn wenn man mit dem Linolmesser sehr, sehr filigran arbeiten würde, sodass das menschliche Auge die feinen Schnitte gar nicht mehr so einfach erkennen kann, dann würde hierdurch der Eindruck von Graustufen entstehen. Dies geschieht tatsächlich in unserem Gehirn und nicht im Auge, denn sobald man sehr nahe herangeht oder gar eine Lupe oder einen Fadenzähler verwendet, kann man natürlich wieder erkennen, dass es sich nicht um graue Farbe handelt sondern um eine Vielzahl aneinandergereihter, filigraner Schwarz-Weiß-Kontraste.
Und genau aus dieser Erkenntnis ist dann der Rasterdruck entstanden.
Erfunden haben ihn Ende des 19. Jahrhunderts unabhängig voneinander Georg Meisenbach (Deutschland) und Frederic Ives (USA). Beide schafften es, durch eine Belichtung durch eine gerasterte Glasplatte hindurch, Bilder inkl. ihrer Halbtöne in einzelne Rasterpunkte zu zerlegen, welche dann im bereits erfundenen Zeitungs- (Hochdruck) und Offsetdruck (Flachdruck) zur Druckformenherstellung verwendet werden konnten.
Fortan war die industrielle Reproduktion von Bildern und Graustufen möglich. Selbstredend, dass diese damals eingesetzten Raster technisch bedingt noch sehr grob waren. Diese Form der Rasterung nennt sich autotypisches Raster (amplitudenmoduliert) und ist auch noch heute die gängigste Rasterform.
Über die folgenden Jahre wurden dann die Reproduktionstechniken und auch die drucktechnischen Möglichkeiten stark optimiert und die Raster feiner und feiner. Hinzu kam dann die Erfindung des Mehrfarbdrucks und recht bald dann auch des frühen Buntdrucks (Rot – Blau – Gelb – Schwarz) und später dann des heute üblichen und standardisierten Vierfarbdrucks (CMYK).
Hier lernte man recht schnell, dass durch ein Übereinanderdrucken von unterschiedlichen lasierenden Farben nach der Theorie der subtraktiven Farbmischung weitere Farben erzeugt werden konnten. Und durch die Kombination mit dem Rasterdruck wurden diese erzeugbaren Farbnuancen dann umso feiner.
Aus dieser Zeit ist dann die Reprografie als Dienstleistungssektor der Druckindustrie entstanden. Zuvor noch mit dem Einsatz von speziellen Rasterfolien, die für jeden Farbkanal zur Vermeidung sogenannter Moirés (eine nicht gewollte Interferenz im Druckbild) eine andere Winkelung hatten.
Dann kamen die ersten Satz- und (Film-)Belichtungsanlagen auf digitaler Basis wie von den damaligen Marktgrößen Linotype und Berthold. Aber noch immer war natürlich der Einsatz von Rastern notwendig zur Reproduktion und somit kombinierte man damals recht häufig die Reprofilme aus den Satzanlagen (sogenannte Satzfahnen), die zumindest zu Anfang noch keine Bilder verarbeiten konnten, mit den gerasterten Reprofilmen aus der meist analogen Bildreproduktion (Reprokameras). Montiert wurde das dann alles ebenfalls noch manuell und dann auf die Druckplatten belichtet.
Die Druckmaschinen waren zu diesem Zeitpunkt – Anfang der 80'er Jahre – in der Lage, "Feinraster" von 60 Linien pro Zentimeter (60'er Raster) zu reproduzieren. Für noch feiner aufgelöste Raster begann mal zu dieser Zeit auch bereits mit Alkohol- und Trockenoffset (Torray) zu experimentieren und bekam darüber dann auch 74'er, teils sogar 96'er Raster abgebildet.
Auch der Umstand, dass gerade in kleineren Druckereien zu dieser Zeit noch mit einfarbigen, maximal zweifarbigen Druckmaschinen gearbeitet wurde, machte die Anfänge des gerade begonnenen Vierfarbdrucks ebenfalls nicht leichter.
Daher war ein 60'er Raster damals ein guter Kompromiss aus technischer Realisierbarkeit und optischem Eindruck, da beim 60'er Raster im kommerziellen Druck und Verpackungsdruck, also dort, wo Druckqualität aus kurzer Entfernung wahrgenommen wird, für die menschlichen Sehgewohnheiten eine optische Schwelle überwunden wird:
Gröbere Raster fallen negativ auf, feinere Raster werden oft nur noch subjektiv durch mehr Brillanz und höheres Qualitätsempfinden wahrgenommen.
Dann kam DTP und die Satzanlagen waren binnen weniger Jahre Schnee von gestern. Recht früh waren DTP-Anlagen dann auch schon in der Lage, Schwarz-Weiß-Bilder zu verarbeiten und per Filmbelichtung (Größen waren hier Linotype und Crossfield) bereits gerastert auszubelichten. Das Rastern übernahmen dabei dann zumeist große, zumeist Unix basierte Workstations (wie beispielsweise SUN) die man fortan Raster Image Processors (RIP) nannte und die es auch heute noch (von vielen Anbietern und heute zunehmend softwarebasiert) zur Druckdatenverarbeitung gibt.
Die Filmmontage war somit auch bereits nicht mehr notwendig. Gleichzeitig wurden die ersten Scanner – zuerst Trommelscanner (rotativ), später dann Flachbettscanner – entwickelt und am Markt etabliert und hierdurch die analoge Reproduktion von Bildern ersetzt.
Auch war die Qualität der reproduzierten Bilder nun erheblich höher und die Verwendung der nun erstmals digital vorliegenden Bilddaten umso variabler und flexibler, konnte man die Datensätze nun ja recht einfach per Datenträger oder gar Modem verteilen und auch Bilder plötzlich sehr einfach skalieren.
Somit musste man sich gerade wegen dieser variablen Skalierbarkeit auf eine optimale Bildauflösung im Verhältnis zum finalen Abbildungsmaßstab des Bildes im Druckbild Gedanken machen.
Wenn Bilder zu klein waren für das gewählte Raster und die finale Abbildungsgröße, dann wurden diese mit verminderter Qualität ausgegeben. Zum Teil waren hier dann gar die Bildpixel aus dem digitalen Äquivalent des Bildes im finalen Druckbild zu sehen.
Waren Bilder jedoch viel zu groß im Verhältnis zur Abbildungsgröße im gewählten Raster, so beanspruchte deren Verarbeitung die damals noch nicht so leistungsfähigen RIPs derart, dass diese entweder viel zu lange zur Datenverarbeitung brauchten oder schlichtweg den Dienst versagten.
Daher bildete man damals folgende Faustformel:
Die optimale Auflösung eines digitalen Bildes benötigt im finalen Abbildungsmaßstab die doppelte Anzahl an Pixeln wie das gewählte Raster.
Heißt:
Ein Bild, das im 60'er Raster ohne Qualitätsverlust aber mit minimaler Berechnungszeit verarbeitet werden soll, benötigt 120 (60 x 2) Pixel pro Zentimeter.
Warum Zentimeter?
Nun, bei der Angabe 60'er Raster handelt es sich um eine typisch deutsche Maßangabe und heißt nichts anderes als 60 Linien pro Zentimeter.
Warum Linien?
Dies kommt daher, dass die heutigen Rasterangaben eigentlich auf dem (uralten) Siebdruck basieren. Mit Linien sind hier eigentlich Fäden im Sieb gemeint und je feiner ein Sieb ist, desto mehr Fäden hat es pro Zentimeter. Übrigens kommt hierher auch die bekannte Bezeichnung Fadenzähler, der nichts anderes ist als eine Lupe mit Messskala, die früher dazu diente, die Fäden in einem Sieb über eine definierte Strecke mit Hilfe der im Fuß eingelassenen Skala zu zählen, um die Auflösung des vorliegenden Siebes definieren zu können.
Warum mal zwei?
Auch das ist einfach erklärt: Auch ein Sieb funktioniert immer nur durch die Kombination vieler Fäden und den Zwischenräumen zwischen diesen Fäden. Im Idealfall ist der Zwischenraum zwischen zwei Fäden genau so groß, wie der Durchmesser eines Fadens.
In der Digitaltechnik wäre dies somit 0 (Faden – kein Druck) und 1 (Zwischenraum – Druck). Somit bilden Faden und Zwischenraum bei jedem Sieb eine Einheit.
Überträgt man dies nun in eine digitale Bildform so benötigen wir auch hier dann jeweils zwei Pixel (oder halt Linien), wenn wir ein Sieb darstellen wollen (Schwarz neben Weiß als Beispiel). Daher der Faktor Zwei zur Siebgröße für digitale Formate.
Und warum nun diese ominösen 300 dpi?
Wie beschrieben hatte man sich zu Anfang auf das 60'er Raster als Optimum für den Offsetdruck geeinigt.
Ein 60'er Raster ist wie erwähnt eine deutsche, und somit metrische Größe (60 Linien pro Zentimeter) und muss somit zuerst einmal ins imperiale System umgerechnet werden, da wir ja die Auflösung in dpi (Dots per Inch) messen.
Also müssen wir zuerst 60 mit dem Faktor 2,54 multiplizieren (Umrechnung von Zentimetern in Inch), was somit 152,4 ergibt. Als Einheit haben wir nun nicht mehr Linien (Faden) pro Zentimeter sondern Lines per Inch (lpi). Das heißt, dass unser 60'er Raster in Ländern mit imperialem System üblicherweise ein 152 lpi Screening ist.
Was nun noch immer fehlt ist der Faktor Zwei. Also 2 x 152,4 = 304,8 dpi
Die optimale Bildauflösung für das 60'er Raster ist somit 304,8 dpi
Da man sich 304,8 dpi schwerer merken kann, als 300 dpi, hat sich daher einfach die Faustformel durchgesetzt, dass für den optimalen Druck (im 60'er Raster) eine digitale Bildauflösung von 300 dpi im unskalierten Endformat vorliegen muss.
Dass 300 dpi eigentlich schon zu wenig sind, merkt man dann wirklich nur unter Laborbedingungen und dass diese Faustformel nur für das 60'er Raster gilt, hat man dann über die Zeit einfach vergessen!
Aber was genau heißt das denn nun? Dann ist es ja doch richtig, dass Bilder für den Druck 300 dpi benötigen, oder?
Nein, das ist tatsächlich falsch.
Leider hat sich das so sehr in die Köpfe eingenistet, dass selbst Softwareanbieter in allen Grundeinstellungen von 300 dpi für Druckdaten ausgehen. Selbst die Rastereffektauflösung in Illustrator (die eingesetzt wird für Fälle, wo Vektoren in Bitmaps konvertiert werden sollen oder müssen) ist hier bei hoher Auflösung auf 300 dpi voreingestellt. ¯\_(ツ)_/¯
Aber was bedeutet das denn nun für die Praxis?
In der Praxis bedeutet dies, dass bei allen Druckverfahren, die in feineren autotypischen Rastern produzieren, als dem 60'er – und das sind mittlerweile fast alle, da selbst im regulären Offset als Standard längst im 74'er Raster oder gar höher produziert und gerade im Kunstdruck mit Rastern bis 150 lpc gedruckt wird – die digitale Bildauflösung quasi immer zu klein ist und man einen echten Qualitätsverlust hinnehmen muss, dessen die meisten sich gar nicht bewusst sind.
Nehmen wir hierfür das Beispiel Kunstdruck und gehen von einem 150'er Raster aus, so stellen wir fest, dass wir bei Anwendung unserer obigen Formel dann 150 x 2,54 x 2 rechnen müssen, um die optimale Bildqualität im unskalierten Ausgabeformat zu bestimmen.
Das heißt, unser Bild bräuchte für dieses extreme Feinraster eine optimale unskalierte Bildauflösung von 762 dpi. Wenn wir in diesem Raster nun unsere Bilder in 300 dpi verwenden, so verschenken wir pro Bitmap 2,54 mal 2,54 minus 1 also 5,4516 theoretische Rasterpunkte. Heißt: Wir könnten theoretisch fast 5,5 mal feiner drucken, als wir mit unserem 300 dpi Bild abliefern. Es wäre also fast egal, ob wir hier im 60'er Raster oder im viel aufwendigeren und qualitativ viel höherwertigeren (und teureren) 150'er Raster drucken. Man würde kaum einen Unterschied sehen!
Aber ich mache doch gar keinen Kunstdruck?!
Nun, auch im regulären Druck, also Akzidenz, Verpackung, ..., verspielt man durch das übliche Optimieren aller Bilder auf 300 dpi (das ist sogar eine übliche Voreinstellung zum Beispiel beim Export in das PDF-Format und selbst Acrobat hat seine Preflights alle auf diese dämlichen 300 dpi voreingestellt) massiv Druckqualität.
Drucke mit korrekt optimierten Bildern wirken um Längen brillanter und schärfer als die gleichen Drucke mit zu kleinem Bildmaterial.
Wie schon erwähnt: Im 60'er Raster druckt heute kaum noch jemand.
Und bisher reden wir ausschließlich über autotypische Rasterverfahren. Stochastische Rasterverfahren (frequenzmoduliert) und auch Kombinationen aus autotypisch und stochastisch sind heute weiterverbreitet als man denkt. Gerade die ganzen Digitaldrucksysteme arbeiten zumeist im FM Raster. Und auch da machen sich dann zu klein angelieferte Bilder massiv bemerkbar in der Druckqualität.
Aber ich habe in Photoshop nachgesehen, mein Bild hat doch 300 dpi. Warum pixelt es im Druck denn trotzdem?
Wer genau aufgepasst hat stellt fest, dass ich im gesamten Beitrag immer von einer Auflösung im unskalierten Endformat rede. Was heißt das? Nun, wenn ein Bild beispielsweise 10 x 10 cm bei 300 dpi misst (Bildgröße in Photoshop), dann kann man es im 60'er Raster in 10 x 10 cm drucken. Skaliert man dieses Bild nun jedoch in einem Layoutprogramm proportional auf 20 x 20 cm, dann hat dieses Bild im gewünschten Endformat nur noch 150 dpi und ist daher viel zu klein. Es muss also pixeln, da pro Rasterpunkt ja nur noch ein Viertel der nativen Auflösung zur Verfügung stehen (ein Viertel da dies natürlich immer im Quadrat gerechnet werden muss – oder anders: man bräuchte nun vier dieser Bilder um die benötigten 300 dpi horizontal wie vertikal zu erzielen).
Und nun? Wie bekommt man das denn in den Griff, wenn man das beste Druckergebnis bei möglichst geringer Datengröße der finalen Druckdaten erzielen möchte?
Ganz einfach: Sobald man sich der Tatsache erst einmal bewusst ist, dass die 300 dpi eine globale Lüge, ein Hoax sind, beginnt man umgehend, meist unbewusst, seine Workflows komplett neu zu überdenken und zu organisieren.
Wir arbeiten heute beispielsweise grundsätzlich und das seit Jahren bereits mit 360 dpi Bildmaterial für Fälle, wo wir das final genutzte Raster wirklich nicht kennen. Das reicht dann nach Adam Ries zumindest bis zum 70'er Raster aus ohne Qualitätsverlust. Und auch all unsere Präferenzen und Workflows sind darauf ausgelegt. Dies bedeutet selbstverständlich auch, dass alle Bildmaterialien mindestens in dieser Auflösung nativ vorliegen müssen und erst beim Export auf die ideale Auflösung reduziert werden sollten.
Und wenn wir wissen, in welchem Raster produziert werden soll, und das hinterfragen wir grundsätzlich, dann optimieren wir selbstverständlich auch unsere Druckdaten entsprechend.
Das gleiche gilt bei uns übrigens auch für Fälle, wo wir wissen, dass das eingesetzte Raster kleiner ist als ein 60'er – zum Beispiel bei einfachen Zeitungen oder auch Großflächenplakaten, die im Offset produziert werden sollen und meist gerade mal im 48'Raster oder weniger produziert werden.
Solche Druckdaten muss man dann nicht in 300 dpi anliefern, da dies nur unnötig Datenmüll verursacht und auch längere RIP-Zeiten bedeutet.
Großformatige Projekte im Digitaldruck wie beispielsweise Messewände, Hochhaus-Banner u.ä. bilden hier übrigens eine Ausnahme. Bedingt durch den meist großen Betrachtungsabstand benötigen diese meist viel geringere Datenauflösungen als bei konventionellen Druckprojekten. Zudem würden uns die Druckereien hier regelmäßig erschlagen, würden wir die Bilddaten dann auch dort im unskalierten Endformat in 300 dpi oder gar mehr abliefern.
Hier schließen wir uns dann meist mit den Druckanbietern kurz und hinterfragen, welche Bilddatenauflösung sie gerne hätten und was ihr RIP noch abbilden kann. Gerade dort liegen die geforderten Auflösungen dann meist unterhalb von 29 dpi.
Ok, verstanden. Aber gilt das nun ausschließlich für den Offsetdruck?
Nein. Das Prinzip gilt für alle Druckverfahren, in denen Rasterauflösungen höher als 60 lpc (Linien pro Zentimeter) möglich sind. Also auch für Tiefdruck, Flexodruck, Siebdruck.
Tatsächlich gibt es heute Tiefdruckzylinder, die weit über dem 60'er Raster vorliniert sind (derzeit bis zu 120 l/cm). Auch im hochauflösenden Flexodruck sind höhere Raster als das 60'er heute möglich (bis 100 Linien pro Zentimeter) und im Siebdruck sind schon lange Meshes bis hin zu 420 (ca. 180 f/cm (Fäden pro Zentimeter)) verfügbar.
Also auch in anderen Druckverfahren sollte man sich klar mit der Druckerei und dem Auftraggeber abstimmen und seine Druckdaten optimieren, um das optimale Ergebnis im Hinblick auf die erzielbare Druckqualität zu erzielen.
Fazit:
Mit den obligatorischen 300 dpi arbeitet man heute nur noch, wenn man wirklich keine Ahnung hat!

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